Abzocke auf Facebook, Twitter und MySpace – Seite 1

Die Spiele heißen Farmville , Mafia oder Restaurant City . Und sie boomen derzeit so stark, dass Experten bereits davon ausgehen, die Mehrzahl der Games werde künftig nicht mehr auf XBox , Wii und PS3, sondern auf Facebook, Twitter und MySpace gespielt. So nennt etwa der Microsoft-Entwickler Alex St. John die Spielkonsole eine "vom Aussterben bedrohte Spezies". Andere sagen , dass die Entwickler dieser Social Games etablierte Unternehmen wie Sony oder Ubisoft künftig in Bedrängnis bringen könnten.

Social Games sind fraglos ein Wachstumsmarkt, zumal sich auf Facebook bereits 300 Millionen Menschen tummeln und darunter die spielaffine Zielgruppe der 18- bis 34-Jährigen besonders kräftig wächst. Farmville, das Spiel für sozial gesinnte Hobby-Bauern, hat als drittgrößtes Facebook-Spiel allein schon fast 450.000 Mitglieder.

Oft ist von der aktiven Beteiligung der Nutzer die Rede, wenn es darum geht, was diese Spiele so toll macht: Jeder Facebooker kann selbst kleine Umfragen, Tests oder mit entsprechenden Programmierkenntnissen auch eigene Spiele entwickeln. Doch hinter der netten Indie-Fassade vieler Minigames lauert nicht selten finanzielles Kalkül. So macht Zynga, die Firma, die Farmville entwickelt hat, dieses Jahr voraussichtlch 500 Millionen Dollar Umsatz.

Womit eigentlich?

Spiele wie Farmville selbst sind kostenlos. Wer auf den Geschmack kommt, hat aber bald die Möglichkeit, seine Spielsituation durch den Zukauf virtueller Güter erheblich aufzubessern. Michael Arrington vom Blog TechCrunch wirft den Anbietern gar vor, ihren Umsatz mit unlauteren Methoden maßgeblich zu steigern. So könne jeder, der für die virtuellen Güter nicht bezahlen wolle, sich ebenso bereit erklären, an einer Umfrage oder Ähnlichem teilzunehmen. Wer dann den Fehler begeht, seine Telefonnummer auf der entsprechenden Seite anzugeben, wird Mitglied eines Abodienstes, der später mit knapp sieben Euro auf der monatlichen Telefonrechnung auftaucht.

Auch dumm, aber zumindest nicht arm dran sind diejenigen, die einer Einladung zum Mafia-Spiel auf Twitter zur Homepage von Mobster World folgen. "Hey, I just added you to my Mafia family. You should accept my invitation! :) Click here", lautet der Tweet dazu. Wer dann auf den Knopf klickt, lädt automatisch per Tweet all jene in die Mafia-Familiy ein, denen er folgt und die ihm folgen. Damit wird das Social Game zum sozialen Wurm, der sich selbsttätig verbreitet.

 

Und was wie ein harmloser Kettenbrief des Informationszeitalters daherkommt, kann lästig werden. Denn wer versucht, den Account wieder zu löschen , stellt fest, dass das nicht funktioniert. Die unwissentlich eingeräumte Genehmigung, den eigenen Twitteraccount für die Verteilung von Nachrichten nutzen zu dürfen, lässt sich nicht deaktivieren, auch wenn das in dem Spiel suggeriert wird. Das geht nur über die Einstellungen bei Twitter selbst. Darauf aber muss man erst einmal kommen.

Nicht weniger unsympathisch sind Spiele wie Parking Wars , wo man ein Auto auf virtuellen Straßen seiner Facebook-Freunde abstellen muss – aber nur, wenn die gerade nicht eingeloggt sind. Sich gegenseitig bei der Netznutzung zu überwachen, da gab es auch schon vergnüglichere Spieleansätze. Letztlich entscheiden aber die Nutzer, welche Spiele ihnen Spaß bringen.

Strengere Regularien und Gesetze jedoch könnten wenigstens die Bauernfänger unter den Spieleanbietern abschrecken. So kündigte MySpace jetzt immerhin an, gegen irreführende Angebote vorgehen zu wollen. Dazu zählen laut MySpace-Chef Owen Van Natta zum Beispiel Abonnements, die sich automatisch verlängern und mit zusätzlichen Kosten verbunden sind. "Wir glauben, dass Angebote, die man aktiv abwählen muss, irreführend sind und nicht die Interessen unserer Nutzer berücksichtigen", schreibt er dazu im Unternehmensblog.

Gegen die Abzockergeschäfte mit Klingeltönen waren Verbraucherschützer, Eltern und Schuldnerberater am Ende machtlos. Das liegt nicht zuletzt daran, dass zu viele an der Werbung mit ihnen mitverdient haben. Bei den Abzockspielen gibt es auch nicht unerhebliche finanzielle Interessen. Denn nicht nur die Entwickler verdienen an ihnen, auch die sozialen Netzwerke selbst. Und die suchen bekanntlich händeringend nach Erlösquellen.