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FOCUS Magazin | Nr. 40 (2011)
FORSCHUNG UND TECHNIK, MEDIZIN: Piercing ist riskanter als Kernkraft
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    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
Menschen schätzen Risiken meist völlig falsch ein
Colourbox.de Menschen schätzen Risiken meist völlig falsch ein

Wenn es um die Wahrnehmung von Gesundheitsgefahren geht, neigen viele Menschen zu grotesken Fehleinschätzungen. Statistikprofessor Walter Krämer erklärt, dass der Grund dafür in der Evolution liegt.

Die 500 000-Euro-Frage bei Günther Jauch: „Was ist eine Naturfaser? A: Trevira, B: Dralon, C: Lycra, D: Asbest.“ Wie aus der Pistole geschossen die Antwort des Kandidaten: „D kann ich ausschließen, Asbest ist schädlich, also muss er künstlich sein.“ D ist richtig, die Antwort kostete den Kandidaten 375 000 Euro.

Wenn die Spezies Homo sapiens in den bisherigen 7000 Generationen eines nicht gelernt hat, dann das: mit Risiken vernünftig umzugehen. Insbesondere ist die falsche Gleichung künstlich = gefährlich = riskant in unseren Genen fest verdrahtet. Künstliche Risiken sind Menschenwerk, und wer sich gegen andere Menschen durchsetzen und seine Sippe am Leben erhalten will, hat vor Feinden auf der Hut zu sein – vor giftigen Pflanzen, Fleisch fressenden Tieren, vor allem aber anderen Menschen. Nicht umsonst ließen die Potentaten des alten Orients vorkosten, was sie aßen. Der Ausbruch des Vesuvs oder die Sintflut dagegen waren Schicksal, sie trafen Jung und Alt, Arm und Reich, Männer und Frauen gleichermaßen. Sich dagegen vorzusehen oder davor Angst zu haben brachte keinen Überlebensvorteil und wurde nicht durch die Evolution belohnt; also ist auch die Angst davor in unseren Genen nicht vererbt.

Blausäure versus Dioxin


Fast schon grotesk wird diese Überschätzung von künstlichen Risiken bei unserer Ernährung. Nach einer Studie des angesehenen amerikanischen Biochemikers Bruce N. Ames machen von der Natur produzierte Gifte und Pestizide 99,99 Prozent aller Schadstoffe in unserer Ernährung aus. „Nach unserer Berechnung sind 99,99 Prozent – nach Gewicht – aller Pestizide in amerikanischen Nahrungsmitteln solche, die von den Pflanzen selbst produziert werden, um sich gegen ihre Feinde zu verteidigen“, schreibt Ames in den „Proceedings of the National Academy of Science“. „Nach unserer Schätzung essen Amerikaner ungefähr 1,5 Gramm natürliche Lebensmittelgifte pro Tag, ungefähr 10 000-mal so viel, wie sie an synthetischen Pestiziden zu sich nehmen.“

Aber was sind schon Blausäure – hochkonzentriert in Leinsamen oder Bittermandeln – oder das auch in den besten Biokartoffeln in großen Mengen enthaltene Pflanzengift Solanin gegen drei Billionstelgramm Dioxin im Ei?
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