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Wien - Obwohl es weh tut, ist eine Mehrheit der Österreicher der Meinung, dass unser Land mit Griechenland Solidarität zeigen muss. Dies ist das Hauptergebnis einer Umfrage, die von der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) in Auftrag gegeben wurde. 60 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, Solidarität zu zeigen und Griechenland nicht "hängen zu lassen". Begründet wird dies unter anderem damit, dass es "noch viel schlimmere Folgen für uns hätte, wenn Griechenland Bankrott gehen würde". 58 Prozent stimmen dieser Aussage zu.
55 Prozent fürchten, dass der Euro durch die Schuldenkrise in Portugal, Griechenland und Irland in Gefahr ist. 38 Prozent dagegen sind nicht dieser Meinung. 47 Prozent der Befragten geben an, "sehr großes bzw. großes Vertrauen" in den Euro zu haben. 18 Prozent haben "sehr geringes bzw. gar kein Vertrauen".
Weniger vertrauen die Österreicher offenbar dem Krisenmanagement der EU. Gerade einmal 12 Prozent bewerteten dieses mit den Schulnoten 1 und 2. Fast dreimal soviele (34 Prozent) geben den Mitgliedstaaten für ihre Performance die Schulnoten 4 und 5.
Dessen ungeachtet sind sich die Österreicher in einem Punkt überwiegend einig: Gemeinsames Handeln ist erfolgversprechender als nationale Einzelmaßnahmen: Entgegen mancher Behauptungen wollen die Österreicher nicht weniger, sondern mehr Europa, um die anstehenden Herausforderungen zu lösen, ergab die Umfrage, bei der die Sozialwissenschaftliche Studiengesellschaft SWS 621 Personen telefonisch befragte. Nationale Alleingänge werden demnach als nicht zielführend erachtet.
Fekter: Pleite "viel schrecklicher" als Hilfe für Griechenland
Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hat vor dem Ministerrat am Dienstag nach den Verhandlungen auf EU-Ebene ihre Positionen zu Griechenland bekräftigt. Sie sei gegen eine Entschuldung, die Griechen müssten aus eigener Kraft die Wende schaffen. Die internationale Hilfe werde erst dann freigegeben, wenn das krisengeschüttelte Land die nötigen Schritte im Parlament beschlossen habe. Dazu gehörten ein Privatisierungspaket und ein mittelfristiger Reformplan.
Bisher hätten die Griechen das nicht auf Schiene gebracht. Mit internationaler Hilfe sei der Zug jetzt aber auf Schiene, er müsse nur noch zu fahren beginnen, sagte Fekter. Wenn aber die Griechen ein paar Waggons abkoppeln, werde das Hilfsgeld nicht fließen. Gleichzeitig betonte Fekter, dass eine Pleite Griechenlands viel schlimmere Folgen hätte. "Es gibt viele Szenarien, die viel, viel schrecklicher sind, als wenn man den Griechen hilft."
Einmal mehr sprach sich Fekter gegen eine Entschuldung des Landes aus. Man müsse dem Land die Zeit geben, die Probleme selbst zu lösen. Was die Beteiligung privater Gläubiger betrifft, verwies Fekter auf die österreichischen Banken, die sich am Rettungsschirm für Ost-Europa während der Finanzkrise beteiligt und den Markt mit Geld versorgt haben. So ähnlich könne das auch in Griechenland funktionieren. Die nächsten EU-Beratungen zu diesem Thema soll es Anfang Juli geben.
BA-Chef Cernko denkt an Marshallplan
Bank-Austria-Chef Willibald Cernko, seit Juni auch Präsident des österreichischen Bankenverbands, sieht puncto Griechenland die gesamte Europäische Union am Zug. "Europa muss sich dem Thema stellen", sagte Cernko am Dienstag vor Journalisten. Erneut sprach er sich für eine Fristerstreckung von Rückzahlungen aus. Von einem sofortigen Schuldenerlass hielte er nichts, jedoch sei es "unbestritten, dass Zeitgebung ein Thema sein kann", was "mit realistischen Grundlagen verbunden sein muss".
Mit günstigen Finanzierungskonditionen könne man "ähnliche Effekte" erreichen wie mit einem sofortigen Schuldenerlass - "aber über viele, viele Jahre verteilt", so Cernko. Letztendlich gehe es ja auch um die "Belastungsfähigkeit des ganzen Systems".
Notwendig sei außerdem, "dass wir dort wieder Arbeit hinbringen"; konkret denkt Cernko an "Begrifflichkeiten wie Marshallplan". Durch die Osterweiterung sei Griechenland nämlich "ein bisschen zur Seite gedrängt" worden, so Cernko. Am Ende "dieses sehr langen Tunnels" müsse es auch wieder Licht geben "und die Fähigkeit - auch wenn Fristerstreckung gegeben ist - die Schulden wieder zu bedienen."
"Hohe Disziplin" der Griechen gefragt
Zwingende Voraussetzung für die Hilfen sei freilich eine "hohe Disziplin" der Griechen selbst, bzw. die Bereitschaft zu Reformen, so der UniCredit-Banker.
"Bezeichnend für die Diskussion" sei auch die Idee einer freiwilligen Beteiligung privater Gläubiger bzw. einer "Initiative Vienna light", wie es der Vorsitzende der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, am Montag formulierte. Cernko kann "diese Vorstellung konkret nicht nachvollziehen." Denn bei der ursprünglichen "Wiener Initiative" sei es um das Banken-Engagement in Osteuropa gegangen. Es habe ein Eigeninteresse gegeben, das "sehr rasch zu einem gemeinsamen Interesse" geworden sei. Auf die jetzige Situation sei dies "nicht so leicht übertragbar", immerhin sei hier ein ganzer Staat in der Krise, so Cernko. Mit den Austro-Banken habe jedenfalls bis dato noch niemand Kontakt aufgenommen, was eine mögliche Griechenland-Beteiligung betrifft.
Wie Cernko mahnte auch sein Vorgänger im Bankenverband, der langjährige Bawag-Vize Stephan Koren, europäische Solidarität ein. "Es ist besser, eine konzise Problemlösung anzubieten als eine Never-ending story", meinte Koren. In dieselbe Kerbe schlug Cernko: Aus Sicht eines internationalen Investors, der auf Europa blicke, ergebe sich derzeit möglicherweise folgendes Bild: "Dieses Europa ist nicht in der Lage, mit 6 Prozent des BIP zurande zu kommen, das ist nämlich das Gewicht Griechenlands in Europa". Was nicht gerade ein gutes Licht auf die Problemlösungskompetenz der EU werfe.
"Fatale Folgen" einer Pleite
Eine Pleite Griechenlands hätte fatale Folgen, sind sich die beiden Banker einig. Das "zarte Pflänzchen Aufschwung würde deutlich unter Druck geraten", warnte Cernko. Abgesehen von den Banken, die natürlich betroffen wären, gehe es um den gesamten Standort Europa. "Da ist nicht abschätzbar, welche Kettenreaktionen hier einsetzen würden", sagte Cernko. "Wenn die Banken hier unter Druck kommen, kommt natürlich massiv die klein- und mittelständische Wirtschaft in Österreich und in Europa unter Druck".
Für Koren einer der "großen Fehler" beim Thema Griechenland: Bei sämtlichen Maßnahmen sei der Zeithorizont "viel zu kurzfristig" angesetzt worden. "Man muss dem Land schon Zeit geben, seine Anpassungen vorzunehmen. Wenn sie auf die Bremse steigen, wird das Auto ins Schleudern kommen." (APA/red)