Kluft zwischen Arm und Reich Gleich und gleich gesellt sich zu gerne
Hamburg - Ob jemand arm oder wohlhabend ist, darüber entscheidet nicht nur das eigene Einkommen. Auch wer kein eigenes Geld verdient, kann reich sein - wenn der Partner hohe Einkünfte erzielt. Entscheidend für die Lebenssituation ist also das Haushaltseinkommen. Und hier hat sich die Ungleichheit in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich verschärft. Die Kluft zwischen Arm und Reich beim Pro-Kopf-Einkommen dagegen ist zwischen 1998 und 2008 kaum größer geworden.
Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die SPIEGEL ONLINE exklusiv vorliegt, ist es in den vergangenen Jahren seltener geworden, dass ein gut verdienender Partner das geringe oder fehlende Einkommen des Anderen ausgleicht. Das bedeutet: Das traditionelle Famliienbild, in dem der Mann alleine für das Einkommen sorgt, ist ein Auslaufmodell. Der Anteil der Frauen, die mindestens Teilzeit arbeiten, ist dagegen seit 1998 stetig gestiegen.
Die Untersuchung des wirtschaftsnahen Instituts zeigt zudem: Immer häufiger gesellen sich Geringverdiener und Gutverdiener mit Partnern, die ähnliche Einkommen haben. Vereinfacht könnte man sagen: Während früher der Chef oft die Sekretärin heiratete, leben heute eher die Managerin und der leitende Angestellte zusammen - oder der Putzmann und die Empfangsdame.
Während 1998 nur bei 5,5 Prozent aller Paare beide Partner im unteren Einkommensdrittel lagen, seien dies 2008 bereits 8 Prozent gewesen, schreiben die Forscher. Auch der Anteil der Paare, in denen Mann und Frau zum oberen Einkommensdrittel gehören, sei gestiegen - von 9,9 auf 10,4 Prozent.
Ungleichheit zwischen den Haushalten stark gestiegen
Ein entscheidender Grund für die Entwicklung sei die Veränderung im Erwerbsverhalten: 1998 waren laut IW nur bei knapp 14 Prozent beide Partner erwerbslos oder teilzeitbeschäftigt. Bis 2008 stieg dieser Anteil auf 16 Prozent. Dagegen erhöhte sich der Anteil der Paare, bei denen beide Vollzeit arbeiten, von 53 auf knapp 57 Prozent.
Grundlage der Studie sind Daten des Sozio-ökonomischen Panels. In dieser Erhebung werden seit 1984 jährlich 12.000 Haushalte befragt - unter anderem zu Einkommen, Erwerbstätigkeit und Lebensstandard.
Die These der IW-Forscher ist, dass die Pro-Kopf-Einkommen der Bürger zwar ungleicher verteilt sind als noch Ende der neunziger Jahre. Allerdings sei dieser Trend seit 2005 gestoppt. Den Grund sehen die Autoren darin, dass die Arbeitslosigkeit vor sechs Jahren einen Rekordstand erreichte - im Frühjahr 2005 meldete die Statistik der Arbeitsagentur fünf Millionen Arbeitslose. Mittlerweile sind es nur noch rund 3,3 Millionen.