In Großbritannien laufen die Vorbereitungen zum Spice -Projekt auf Hochtouren: Ein gigantischer Heliumballon soll demnächst über einer verlassenen Militärbasis in der Grafschaft Norfolk aufsteigen. An ihm hängen mehr als 20 Kilometer lange Schläuche, über die zuerst Salzwasser und später Schwefeldioxid in die Atmosphäre gepumpt werden soll. Die feinen Schwebeteilchen sollen, ähnlich wie nach einem Vulkanausbruch, die Sonnenstrahlung reflektieren und so die Luftmassen kühlen.

Spice ( Stratospheric Particle Injection for Climate Engineering ) könnte, so die Hoffnung der Wissenschaftler, eine Möglichkeit sein, die Erderwärmung in den Griff zu bekommen. Das allerdings zu einem hohen Preis: Mehr als fünf Milliarden Euro im Jahr könnte die fertige Installation langfristig kosten, berichtet die Technology Review .

Spice ist eines der bekanntesten und plakativsten Climate-Engineering -Projekte, die es zurzeit weltweit gibt. Unter Climate Engineering verstehen Forscher manipulative und gezielte Eingriffe ins Klimasystem. Das Spektrum ist weit: Es reicht von gigantischen Spiegeln im Weltall, um Sonnenstrahlen zu reflektieren, über künstliche Wolken bis hin zur Ozeandüngung. Letzteres soll das Algenwachstum verstärken, damit CO2 gebunden wird und mit den Algen auf den Meeresboden absinkt. Vor zwei Jahren testeten Forscher beim umstrittenen Lohafex-Projekt im Südpolarmeer die Eisendüngung.

Die erste interdisziplinäre Studie

Ein Team von Wissenschaftlern hat jetzt im Auftrag des Bundesforschungsministeriums die erste umfassende Studie vorgelegt, welche die verschiedenen Technologien analysiert und bewertet. Das Besondere: Nicht nur Naturwissenschaftler, sondern auch Ökonomen, Juristen und Sozialwissenschaftler waren beteiligt.

Ihr Urteil ist, unterm Strich, vernichtend. "Alle Vorschläge sind mit erheblichen ökologischen Risiken und Nebenwirkungen, ökonomischen Kosten und gesellschaftlichen Konfliktpotentialen verbunden", sagt Gernot Klepper, Professor am Kiel Earth Institute und Koordinator der interdisziplinären Arbeit.

Der Volkswirt hat die Kosten der verschiedenen Technologien analysiert. Sein Problem: Bislang gibt es kaum belastbare Zahlen – und die vorhandenen beziehen sich in der Regel nur auf die Betriebskosten, benennen aber nicht die Gesamtkosten, wie der Wissenschaftler erklärt. Ausgaben für Forschung und Entwicklung und für unerwünschte Nebenwirkungen beim Einsatz würden nicht beziffert. "Zieht man eine Gesamtbilanz, können die Kosten massiv sein", formuliert es Klepper zurückhaltend.

Einige Projekte, die CO2 aus der Atmosphäre holen, werben laut Klepper damit, langfristig ähnlich teuer zu sein wie CCS , also die Kohlendioxidabscheidung in Kraftwerken und anschließende Verpressung. Sie bezifferten beispielsweise Entsorgungskosten auf etwa 200 US-Dollar je Tonne CO2. Der EU-weite Emissionshandel führt dagegen in seiner derzeitigen Konstruktion zu einem aktuellen CO2-Preis von etwa zehn Euro je Tonne. "Es ist unklar, ob nicht der Emissionshandel langfristig die kostengünstigere Variante ist", sagt Keppler.