Schülerdemos: Schüler-Power gegen Turbo-Abitur

35.000 Schüler beteiligen sich allein in Norddeutschland an Demonstrationen für bessere Bildung

Zahlreich: Tausende Schüler zogen demonstrierend durch die Hamburger Innenstadt Bild: DPA

Im Rahmen des bundesweiten Schulstreiks haben am Mittwochmorgen in Hamburg bis zu 10.000 SchülerInnen an einer Demonstration durch die City teilgenommen. Es zogen so viele Demonstranten durch die Einkaufsstraßen, dass in diesen kein Zentimeter Platz mehr war "Wir sind hier - wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut" und "Bildung für alle - und das sofort", skandierten die Teilnehmer. Die Polizei zeigte sich machtlos, die Nutzung der Fußwege zu unterbinden.

"Unsere Antwort auf Eure Politik - Streik in der Schule - Streik im Betrieb", träumten einige lauthals in Anspielung auf einen möglichen Arbeitskampf in der Metallindustrie schon von französischen Verhältnissen, wo gemeinsame Schüler-, Studenten- und Arbeiterproteste keine Seltenheit sind.

Für die Hamburger Schülerkammer und die Lehrergewerkschaft GEW dürfte der Massenprotest, durchaus paradox, eine Blamage darstellen. Beide hatten den vom Bündnis "Bildungsblockaden einreißen" organisierten Schulstreik nicht unterstützen mögen - weil in dem Bündnis die Linkspartei-Jugend Solid und die Sozialistische Alternative (SAV) dominant seien. Doch dies hat offensichtlich tausende Jugendliche nicht interessiert, die gegen "Turbo-Abitur", Leistungsdruck, große Klassen und schlechte Ausstattung ihren Unmut zum Ausdruck brachten.

Parolen wie "Reiche Eltern gesucht" oder "Bildung statt Prestige, keine Elbphilharmoney", zierten ebenso die Spruchbänder wie Wortanspielungen zur Bildungsmisere: "Die Fervasser dises Tekstes sind Opfer unseres Bildungssystems" oder "Wir sein das Zukunft". 500 Milliarden Euro für Banken und sechs Milliarden für die Bildung sollten doch nachdenklich machen, befanden die SchülerInnen.

In Bremen zogen über 8.500 SchülerInnen in einem Sternmarsch in die Innenstadt. Als die Teilnehmer eines der Züge versuchten, in ein Gymnasium in der Bremer Innenstadt zu gelangen, um die SchülerInnen zum mitkommen aufzufordern, verschloss die Schulleitung die beiden vorderen Eingangstüren des Gebäudes.

Auch in Bremen richteten sich die Proteste gegen den durch das Abitur nach 12 Jahren verschärften Leistungsdruck und Kürzungen im Bildungshaushalt. Heftig kritisiert wurde das "Zwei-Säulen-Konzept" der SPD-Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper. Dieses sieht vor, künftig ab Klasse Fünf so genannte Oberschulen einzurichten, in denen mit Ausnahme der Gymnasien alle übrigen Schulformen aufgehen. "Das ironischerweise als ,Schule für Alle' verkaufte Zwei-Säulen-System ändert nichts an der Selektion in ,gut' und ,schlecht'", sagte Lea Wagner von der Gesamtschülervertretung. "Die Politik hält an der Eliteschule Gymnasium fest."

In Braunschweig beteiligten sich 8.500 SchülerInnen an dem bundesweiten Aktionstag, in Kiel blieben 5.000 und in Göttingen rund 3.000 SchülerInnen dem Unterricht fern.

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