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"New Kids on the Block"-Comeback Boyband im Til-Schweiger-Land

Promi-Gipfel in München: Die New Kids on the Block stellten ihr neues Album vor, und Til Schweiger kam vorbei, um seine Klamotte "1 1/2 Ritter" zu promoten - denn die ältliche Boyband spielt darin mit. Eine einzige Frage blieb dabei offen: Wer hilft hier wem?
Von Serge Debrebant

Zuletzt konnte man ja den Eindruck gewinnen, Til Schweiger suche nicht nach der Besetzung für einen neuen Film, sondern nach Gästen für "Wetten, dass...?". Immer wieder hatte seine Produktionsfirma in den vergangenen Wochen Prominente bekannt gegeben, die in seinem neuen Film "1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde" auftreten: Fatih Akin, Johannes Heesters, Helmut Markwort. Außerdem Dieter Hallervorden, Roberto Blanco und - natürlich - Thomas Gottschalk. Bei dieser ungleichen Reihe stellte sich der geneigte Leser die gleiche Frage, die auch bei jeder "Wetten, dass...?"-Sendung aufkommt: Was verbindet diese Leute eigentlich – abgesehen davon, dass sie alle prominent sind?

In München haben sich heute nun weitere Gaststars für Schweigers Film vorgestellt: die New Kids on the Block, die Mutter aller Boybands, die vor 14 Jahren eigentlich auseinandergegangen waren. Rund 140 Journalisten hatten sich zur Pressekonferenz im Keller des Sofitel Bayerpost Hotels angemeldet, und da es sich um die erste Pressekonferenz der Gruppe in Europa handelte, stammten rund ein Drittel der Journalisten aus dem Ausland.

Dass sich Til Schweiger ebenfalls bei der Veranstaltung sehen ließ und über seinen neuen Film reden wollte, sorgte zumindest bei einigen deutschen Medienvertretern für Verwirrung. "Ist das jetzt eine Pressekonferenz über die New Kids on the Block oder Til Schweiger", flüsterte ein Journalist. Oder anders gefragt: Wer unterstützt hier eigentlich wen bei der Promotion? Die New Kids on the Block Til Schweiger? Oder umgekehrt?

Mit Oberhemd, aber ohne Krawatte

Als sich die Band nach einer halben Stunde Verspätung endlich zeigte, beantworteten einige Journalistinnen diese Frage auf ihre Art: mit einem lauten Kreischen. Was sogleich auch eine Gewissheit lieferte: Die Reflexe von damals funktionieren auch 20 Jahre später noch. Zwar sind Jonathan Knight, 39, Joey McIntyre, 35, Jordan Knight, 37, Donnie Wahlberg, 38, und Danny Wood, 38, in die Jahre gekommen, das Auge beeindrucken sie scheinbar noch immer, auch wenn ihr Kleidungsstil keine grellbunte Kampfansage mehr ist.

Bis auf Danny Wood und Jordan Knight, die mit Kapuzenpulli und T-Shirt die Jungspunde gaben, zeigten sich die übrigen Bandmitglieder im Stile Jogi Löws: sportlich elegant mit Oberhemd, aber ohne Krawatte. Man könnte auch sagen: zeitgemäß. Die Frage ist nur, ob der Prototyp aller Boygroups nicht dieses Mal den richtigen Zeitpunkt verpasst hat. Take That und die Backstreet Boys haben ihr Comeback nämlich schon hinter sich gebracht.

Ebenso Til Schweiger. Seinen letzten Film "Keinohrhasen", in dem er die Regie führte, das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle spielte, haben mehr als sechs Millionen Kinogänger gesehen. Der Film ist damit der größte deutsche Kassenerfolg der letzten drei Jahre. Außerdem ist Schweiger mittlerweile so gut in der Filmwirtschaft etabliert, dass er es sich sogar leisten kann, missliebige Journalisten nicht bei Pressevorführungen zuzulassen und damit zu drohen, einen Gegenpreis zum Deutschen Filmpreis ins Leben zu rufen, weil die Akademie seinen Film bei der diesjährigen Verleihung der Lolas nicht berücksichtigt hatte – wobei Schweiger diesen Zusammenhang selbstredend bestreitet.

Solche Querelen sollten heute in München aber keine Rolle spielen. Die Plattenfirma Universal verkündete stolz, dass die Konzerte der NKOTB in den Vereinigten Staaten schon nach vier Minuten ausverkauft waren. Und falls sich die Euphorie nicht auf Deutschland überträgt, bleibt ja immer noch der Gastauftritt in "1 1/2 Ritter", den Schweiger gerade in Sachsen-Anhalt dreht – das sagte die Universal-PR-Brigade natürlich nicht.

Nette Musik für kleine Mädchen

Wer hilft hier also wem? Eines haben NKOTB jedenfalls Schweiger voraus: Sie stammen aus den Vereinigten Staaten, dem Sehnsuchtsland aller deutschen Showstars. Auch Gottschalk lädt ja in jede Show einen englischsprachigen Stargast ein, der singt, damit man ihn nicht interviewen muss. Und wie Gottschalk hat auch Schweiger eine Zeit lang in Malibu gewohnt, wobei Schweiger wieder nach Deutschland zurückzog, als sich die Angebote aus Hollywood in Grenzen hielten.

Auch gehen NKOTB gelassener mit Kritik um als der deutsche Filmemacher. 1991, auf der Höhe ihres Ruhmes, veröffentlichte das "Mad"-Magazin einmal ein Cover, auf dem sich Alfred E. Neumann, der gezeichnete Coverboy der Satirezeitschrift, die Ohren mit Klostampfern zuhält, weil hinter ihm die Boyband trällert. Und ein T-Shirt, das man damals kaufen konnte, zeigte eine Zeichnung mit acht Füßen, die unter einem Block hervorgucken. Aufschrift: "New Kids under the Block".

Auch auf der Pressekonferenz in München fiel ein ums andere Mal das böse Wort von der Retortenband, doch statt die Journalisten rauszuschmeißen, erklärte die Band, dass nicht das Geld, sondern die schönen Erinnerungen sie wieder zusammengeführt hätten. Und als Schweiger - schweigerlässig grinsend - nach einer Stunde die Bühne betrat, hörten sich die Bandmitglieder ruhig an, was der Deutsche Ende der Achtziger von ihrer Band gehalten hat. "Das war nette Musik für kleine Mädchen. Ich habe HipHop und House gehört", sagte er. So viel zur Kritikfähigkeit.

Bleibt die Frage, warum Schweiger überhaupt mit der Gruppe zusammenarbeitet – beziehungsweise NKOTB mit Schweiger. "Die Plattenfirma hat uns zusammengebracht", sagte Donnie Wahlberg, und Til Schweiger nickte artig und betonte, dass die Zusammenarbeit super war, sich die neue Single ganz sicher als ein Nummer-1-Hit entpuppen werde und er überhaupt mittlerweile ein absoluter Fan sei.

Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit also: Auch das kennt man ja von "Wetten, dass...?".