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Reaktionen "Der Stresstest war ein Non-Event"

Beweis für ein robustes Finanzsystem? Feigenblatt für Missmanagement? Taktik gegen die spanischen Sparkassen? Die Reaktionen auf den Stresstest für europäische Banken gehen weit auseinander.
New Yorker Börse: Wenig überraschend, nicht sonderlich interessant

New Yorker Börse: Wenig überraschend, nicht sonderlich interessant

Foto: Justin Lane/ dpa

Hamburg - Der Dow Jones hat am Freitag kaum auf die mit Spannung erwartete Veröffentlichung der Ergebnisse der Stresstests für europäische Banken reagiert. Der Leitindex schwankte zwar um rund 60 Punkte, lag jedoch wie zuvor leicht im Plus, bei 10.335,77 Punkten. Ein Börsianer bezeichnete die Veröffentlichung als "Non-Event"

Die Deutsche Bank mahnte zur Vorsicht bei der Interpretation der Stresstestergebnisse gemahnt. Sie sollten nicht als repräsentativ für die derzeitige Situation oder als Indikator eines möglichen Kapitalbedarfs angesehen werden, teilte die Bank am Freitagabend in Frankfurt mit. Stresstests lieferten auch keine Prognosen für Ergebnisse, da extreme Annahmen zugrunde gelegt würden.

Der marode Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) hat nach dem mangelhaften Abschneiden beim europäischen Stresstest bekräftigt, weiteres Kapital zu benötigen. Insgesamt seien zehn Milliarden Euro notwendig, aber erst 7,87 Milliarden bewilligt, teilte das mittlerweile verstaatlichte Institut am Freitag in München mit. Hätte die Bank das Geld bereits, wäre sie in allen Szenarien auf eine Kernkapitalquote von über sechs Prozent gekommen.

EU, EZB und Bankenaufsicht CEBS haben eine positive Bilanz der Stresstests für 91 europäische Banken gezogen. Die Überprüfung der Institute habe die Widerstandsfähigkeit des europäischen Bankensystems insgesamt bestätigt, erklärten EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und die CEBS.

Es folgen weitere Reaktionen auf die Ergebnisse des Stresstests.

Vassili Serebriakov, Währungsstratege, Wells Fargo, New York: "Bei den meisten Banken, die durchgefallen sind, haben wir das erwartet. Jetzt müssen noch die Einzelheiten der Ergebnisse genau geprüft werden. Es bleibt aber die Frage, ob der Test für die europäischen Banken zu weich war. Noch ist es zu früh, das zu sagen. Gleichzeitig kann ich in den Berichten nichts erkennen, das wirklich positiv für den Euro ist und ihn stützt."

Andrew Melitz, Händler bei ICF Kursmakler: "Jeder in Deutschland hat gewusst, dass die Hypo Real Estate ein Problemkind gewesen ist. Sie ist im Grunde in Staatsbesitz, deshalb gibt es da keine Überraschung. Ich denke, dass die Kurse der Bankaktien nach oben gehen werden. Die Titel haben in den vergangenen drei Monaten underperformed, und meiner Meinung nach war die ganze Idee des Stresstests, die Unsicherheiten im Markt abzumildern. Wenn der Markt dem Stresstest vertraut - und ich denke, zum größten Teil wird er das tun -, dürften die Bankaktien deutlich zulegen."

Peter Chatwell, Zinsstratege bei Credit Agricole in London: " Das Wichtigste ist, dass die großen Banken bislang solide sind. Es wird immer eine Debatte geben, ob die Kriterien streng genug waren, aber es gibt den Leuten die Hoffnung auf mehr Vertrauen ihren Geschäftspartnern gegenüber. Wenn es mehr Details gibt, wird man glücklich sein zu wissen was jede Bank auf ihren Büchern hat und das Vertrauen an den Finanzmärkten wird langsam wieder zurückkehren."

Hans-Peter Burghof, Universität Hohenheim: "Es ist für mich erstaunlich, dass die NordLB relativ schlecht abgeschnitten hat. Sie ist bisher recht gut durch die Krise gekommen. Für die HRE kam der Test definitiv zu früh. Man hätte warten müssen, bis sie umstrukturiert ist. In Spanien kracht es jetzt richtig. Offensichtlich werden die Sparkassen von der Politik kritisch gesehen. Der Stresstest dient offenbar auch dazu, den spanischen Sparkassensektor neu zu organisieren. Es ist für mich nicht verwunderlich, dass ein Institut wie die Caja Sur durchgefallen ist. Was beispielsweise in Malaga von der Bank an Immobilienprojekten finanziert wurde, ist ja ungeheuer."

Wolfgang Gerke, Bayerisches Finanzzentrum: "Auch wenn es nur die HRE erwischt hat, heißt das nicht, dass sich alle Institute zufrieden zurücklehnen können, die die Latte nicht gerissen haben. Ich meine insbesondere die Landesbanken, von denen viele Missmanagement betrieben haben. Sie sind aufgerufen, sich neu zu strukturieren. Das gilt besonders für die Institute, die mit staatlichem Geld versorgt wurden und jetzt mit guten Kernkapitalquoten glänzen."

Stresstest: Sieben Banken fallen durch - auch die HRE

mak/dpa/dpa-afx/reuters

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