Update. Nach den Daimler-Lästereien auf Facebook: Kritische Äußerungen über den Arbeitgeber im Internet werfen neue juristische Fragen auf.

Stuttgart - Bei dem Automobilkonzern Daimler ist es zu Spannungen zwischen einigen Mitarbeitern und der Geschäftsführung gekommen. Schuld an dem Konflikt waren unbedachte negative Äußerungen einiger Mitarbeiter auf der Internetplattform Facebook, die den Daimler-Chef Dieter Zetsche betrafen.

 

Unabhängig von den Vorfällen bei Daimler soll es künftig bei den Regelungen des Beschäftigtendatenschutzes laut einem Gesetzesentwurf einige Neuerungen geben. Nach früheren Berichten ist unter anderem vorgesehen, dass Arbeitgeber künftig personenbezogene Daten ihrer Angestellten nur nach deren Zustimmung aus dem Internet beziehen dürfen. Dies betrifft private Einträge, wie sie in der Regel bei Facebook und StudiVZ vorkommen.

Beweislast liegt beim Arbeitgeber

Die Internetplattform Xing ist von dieser Regelung allerdings ausgenommen, da sie vor allem der beruflichen Selbstdarstellung des Users dient. Auch bei Weitergabe von Betriebsgeheimnissen und Beleidigungen im Internet darf der Arbeitgeber weiterhin die fristlose Kündigung aussprechen. Allerdings liegt dabei die Beweislast immer beim Arbeitgeber.

Im aktuellen Fall hatte die Daimler AG auf Äußerungen ihrer Mitarbeiter in dem Internetportal Facebook mit einer Zurechtweisung durch die Personalabteilung reagiert. Einige Mitarbeiter hatten als Reaktion auf eine positive Äußerung des Daimler-Vorstands Dieter Zetsche zu Stuttgart 21 bei Facebook eine Gruppe gegen das umstrittene Bahnprojekt gegründet, in der sie sich nach Angaben von Beschäftigten unter ihrem richtigen Namen äußerten. Innerhalb der Gruppe wurde der Daimler-Chef als "Spitze des Lügenpacks" bezeichnet. Fünf Mitarbeiter hatten daraufhin in Facebook bekundet, dass ihnen dies gefiele.

Rechtgutachten eingefordert

Dies ereignete sich bereits im September vergangenen Jahres. Die Daimler AG wurde durch einen anonymen Tipp auf die Bemerkung aufmerksam gemacht und forderte nach Angaben eines Mitarbeiters im Januar ein Rechtsgutachten ein. Ende März wurden die fünf Betroffenen dann von der Personalabteilung zu einem Gespräch aufgefordert. Die Überraschung bei den Mitarbeitern war groß, dass nach der langen Zeitspanne ihre Äußerungen Inhalt des Gesprächs waren. "Danach habe ich erst einmal mein Facebook Profil genau überprüft, um weitere vermeintlich verfängliche Äußerungen ausschließen zu können", sagte ein Mitarbeiter der Daimler-AG. In der Reaktion des Unternehmens sieht er einen Eingriff in sein Recht auf Meinungsfreiheit. Inzwischen wurde die besagte Gruppe bei Facebook gelöscht.

Ein Sprecher der Daimler AG dementierte dazu jüngste Medienberichte, in denen behauptet wurde, Daimler hätte das Löschen der Gruppe veranlasst. "Wir haben Facebook lediglich auf die Äußerungen hingewiesen, nicht aber das Löschen der Gruppe veranlasst", sagte der Konzernsprecher. Dennoch sah sich das Unternehmen gezwungen, das Gespräch mit seinen Mitarbeitern zu suchen, da in dem Fall eindeutig eine Beleidigung stattgefunden habe. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben bereits vor einiger Zeit für die verstärkte Sensibilisierung seiner Mitarbeiter im Umgang mit Social Media gesorgt. Ein sogenannter Social-Media-Berater steht allen Mitarbeitern zur Verfügung.

Der auf Social Medien-Themen spezialisierte Rechtsanwalt Carsten Ulbricht empfindet es nicht als Fehlverhalten, dass der Konzern in diesem Fall interveniert hat. Grundsätzlich hat jeder das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Allerdings kann die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden, wenn Beleidigungen vorliegen oder Unternehmen oder Personen durch falsche Behauptungen in Misskredit gebracht werden könnten. Der Arbeitgeber kann daraufhin arbeitsrechtliche Maßnahmen einleiten, die sogar zu einer Kündigung oder auch zu Schadenersatzansprüchen führen können. Entscheidend ist dabei immer der Einzelfall. In sozialen Netzwerken kann neben dem Verursacher auch gegen den Betreiber vorgegangen werden.

Nachtrag (26. Mai 2011, 14.00 Uhr):

Der Social-Media-Beauftragte des Daimler-Konzerns hat nun Stellung zu den Vorwürfen bezogen. In einem Blog-Eintrag verweist Uwe Knaus auf einen Konzern-Leitfaden, der konkret auf die Verhaltensregeln in sozialen Netzwerken eingeht. "Bleiben Sie höflich", steht darin geschrieben. "Veröffentlichen Sie keine verleumderischen, beleidigenden oder anderweitig rechtswidrigen Inhalte." Kontrolliert wird das Verhalten der Mitarbeiter aber nicht, schreibt Knaus. Im Unternehmen würden keine Mitarbeiter bespitzelt oder verhört, dafür lege er die Hand ins Feuer. Nachgeprüft wird allerdings dann, wenn ein Hinweis auf Fehlverhalten bei der Personalabteilung eingeht: Sobald eine Beleidigung gemeldet wird, "bleibt uns nichts anderes übrig, als uns damit auseinanderzusetzen".

Regeln für Arbeitnehmer

Konsequenzen: Arbeitnehmer sollten sich im Internet nur mit Bedacht über ihr Unternehmen äußern. Das Recht auf Meinungsfreiheit gilt dabei nicht immer uneingeschränkt. Auf unwahre Behauptungen und Beleidigungen kann der Arbeitgeber mit Kündigung und Schadenersatzansprüchen reagieren.

Geheimhaltung: Der Arbeitnehmer verpflichtet sich auch zur Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, was sowohl wirtschaftliche als auch technische Informationen beinhaltet.

Freizeit: Weiterhin empfiehlt der Anwalt Carsten Ulbricht einen sensiblen Umgang bei der Nutzung von sozialen Medien auch außerhalb der Arbeitszeiten. Beispielsweise solle der Arbeitnehmer darauf achten, im Social Web nicht den Eindruck zu erwecken im Namen des Unternehmens zu handeln.