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Stresstest für Banken Staatspleite ausgeschlossen

Wie resistent sind die europäischen Großbanken tatsächlich gegen Probleme mit Staatsanleihen? Die Finanzbranche erwartet die Ergebnisse des großen Stresstests mit nervöser Spannung. Und das, obwohl der Super-GAU offenbar noch nicht einmal durchgespielt wird.
Ruhe vor dem Stress: Auch deutsche Banken fürchten die Ergebnisse des Stabilitätstest für Banken - und die Debatte darüber

Ruhe vor dem Stress: Auch deutsche Banken fürchten die Ergebnisse des Stabilitätstest für Banken - und die Debatte darüber

Foto: Michael Probst/ ASSOCIATED PRESS

Berlin - Bei dem europaweiten Stresstest für Großbanken wollen die Behörden offenbar das Szenario einer Staatspleite nicht durchspielen. Die Simulierung eines staatlichen Zahlungsausfalls würde Zweifel an der Wirksamkeit des europäischen Rettungsschirms und damit neue Unsicherheiten schüren, berichtete das Hamburger Nachrichten-Magazin Der SPIEGEL am Wochenende ohne Quellenangabe.

Stattdessen prüften die Aufseher lediglich, welche Auswirkungen steigende Preise von Ausfallversicherungen auf Staatsanleihen hätten. Die Behörden wollen bei den Tests herausfinden, welche Auswirkungen ein Wirtschaftseinbruch und ein Wertverfall von Staatsanleihen auf die Bilanzen von insgesamt 100 Banken hätten. Mit der Bekanntgabe der Ergebnisse wollen die Bankenaufseher das Vertrauen der Anleger in das Finanzsystem wieder stärken.

Die Ergebnisse der Tests sollen um den 23. Juli herum veröffentlicht werden, wie Wirtschaftsministerin Christine Lagarde am Sonntag am Rande einer Konferenz im französischen Aix-en-Provence erklärte. Dann werde die Fachwelt auch ein besseres Verständnis der genauen Kriterien für den Test haben und auch wissen, wie scharf das Krisenszenario für die Tests gezeichnet worden sei. "Dann wird man sehen, dass die Banken in Europa solide und gesund sind", sagte Lagarde.

Die deutschen Banken sehen Finanzkreisen zufolge in ihren Reihen keine Kandidaten für ein Scheitern bei den europaweiten Stresstests. Selbst die teilweise als gefährdet geltenden Landesbanken hätten dank der massiven staatlichen Unterstützung wenig zu befürchten, hatten mehrere Top-Banker in der vergangenen Woche Reuters gesagt. Die "Financial Times" hatte hingegen berichtet, Politiker bereiteten sich auf weitere Nothilfen für deutsche Institute vor, wenn die Testergebnisse vorliegen.

Die Branche streitet sich aber noch mit der Bundesregierung und den Aufsichtsbehörden, in welcher Form die Ergebnisse der Tests publiziert werden sollen. Die Banken wollen Finanzkreisen zufolge verhindern, dass alle Daten und Details der Tests bekannt werden. Sie wollten lieber nur die Endnote "bestanden" oder "nicht bestanden" bekanntgeben.

Strittig seien auch noch die genauen Kriterien für die Untersuchungen. In einer ersten Runde des Tests wurden die Folgen eines Wirtschaftseinbruchs auf die Bilanzen von 25 international tätigen Großbanken aus Europa untersucht. Die deutschen Teilnehmer Deutsche Bank, Commerzbank und BayernLB haben den Test Finanzkreisen zufolge bestanden. Das bedeutet, ihre Kernkapitalquote sinkt in diesem Szenario nicht unter 6 Prozent.

In einer zweiten Runde wird der Kreis um rund 75 Banken erweitert, darunter mindestens zwölf weitere aus Deutschland. Dort sollen auch die Folgen eines Wertverfalls von Staatsanleihen analysiert werden. Knackpunkt ist hier, wie das Crashszenario genau aussehen soll. Deutsche Banken haben vor allem heimische Staatsanleihen im Portfolio, während südeuropäische Institute mehr Bonds hoch verschuldeter Länder wie Griechenland und Spanien in ihren Büchern halten.

"Noch ist vieles unklar, zum Beispiel ob es wirklich eine Gleichbehandlung innerhalb Europas gibt", sagte der Chef des Immobilienfinanzierers Aareal Bank, Wolf Schumacher, dem Magazin "Euro am Sonntag". "Wenn Stresstests zu massiver Verunsicherung und Fehlinterpretationen führen würden, dann liefen wir Gefahr, ein Eigentor zu schießen."

Schumacher verwies zudem auf Belastungen der Finanzbranche durch Pläne, die Kapitalanforderungen an Kreditinstitute zu verschärfen und eine Bankenabgabe zu verlangen. "Ich sehe in der Summe aller diskutierten Maßnahmen eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit der ohnehin fragmentierten deutschen Bankenlandschaft - gerade bei nationalen Alleingängen."

Skeptisch äußerte sich auch WestLB-Finanzchef Hans-Jürgen Niehaus. "Es muss ein Set von Stressszenarien vorgegeben werden, das dann von den Instituten, die an der Veröffentlichung teilnehmen, einheitlich anzuwenden ist", sagte er der "Börsen-Zeitung" "Ob die genannten Voraussetzungen erfüllt werden, ist derzeit schwer zu sagen. Skepsis ist aber angebracht."

Der Chef der belgischen Bank Dexia, Pierre Mariani, sagte Reuters, sein Haus habe die Kriterien für die Ausgestaltung der Tests am Freitag übermittelt bekommen. Details nannte er nicht.

Einigkeit gibt es Finanzkreisen zufolge, dass für durchgefallene Banken gleich eine Auffanglösung präsentiert werden muss. In Deutschland wird die Bundesbank Kreisen zufolge in einem derartigen Fall das Management der Bank auffordern, die Probleme über eine Kapitalspritze vom Markt, den Eigentümern oder den Bankenrettungsfonds Soffin zu lösen. Eine Lösung würde dann zusammen mit dem nicht bestandenen Test veröffentlicht.

nis/rtr