Wirtschaft

Flucht in die Arme von EU und IWF Der griechische Patient ruft

Griechenland schafft es doch nicht alleine: Das hoch verschuldete Euro-Land benötigt dringend Hilfe der EU-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF). EU und IWF sagen zu, schnell auf den Hilferuf zu reagieren. Kanzlerin Merkel fordert ein "glaubwürdiges Sparprogramm" von Athener Seite.

Die Lage ist ernst: Die Griechen brauchen finanzielle Hilfe.

Die Lage ist ernst: Die Griechen brauchen finanzielle Hilfe.

(Foto: REUTERS)

Griechenland hat den Notknopf gedückt und Finanzhilfe bei EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) beantragt. Erstmals in der Geschichte der europäischen Währungsunion soll damit ein Mitgliedsland mit Milliardenhilfen vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt werden. "Es ist zwingend, dass wir um die Aktivierung des Rettungsmechanismus bitten", sagte Regierungschef Giorgos Papandreou in einem dringenden Hilfsappell an die Partner in Brüssel und Washington.

EU und IWF sagten zu, schnell auf den Hilferuf zu reagieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, die Höhe der Hilfszahlungen an Griechenland sei noch nicht klar. Athen müsse zunächst ein "glaubwürdiges Sparprogramm" vorlegen. Danach müssten EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und IWF zum Schluss kommen, dass die griechische Schuldenkrise "nicht nur ein griechisches Problem ist, sondern ein Problem für die Stabilität des gesamten Währungsraums", so die CDU-Politikerin.

Wegen explodierender Kosten für die Schuldenaufnahme war die Regierung in Athen unter Druck geraten, rasch die Reißleine zu ziehen. Das Rettungspaket könnte mit einem Volumen von 45 Milliarden Euro allein im ersten Jahr mittelfristig die bisher größte derartige internationale Stützungsaktion werden.

Erste Tranche vor dem 19. Mai?

Nach dem offiziellen Hilfsgesuch Griechenlands atmeten die Finanzmärkte zunächst auf. Der Euro und die Aktienmärkte legten zu. Ein Sprecher der Brüsseler EU-Kommission sagte, das Hilfsgesuch werde nun schnellstmöglich geprüft. Auch IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn sagte zu, rasch auf den Ruf aus Griechenland zu reagieren.

In einer Fernsehansprache erläutert Ministerpräsident Papandreou das Hilfsersuchen.

In einer Fernsehansprache erläutert Ministerpräsident Papandreou das Hilfsersuchen.

(Foto: AP)

Nach Angaben des griechischen Finanzministers Giorgos Papakonstantinou kann die erste Tranche aus dem Hilfspaket bereits vor dem 19. Mai fließen. Dann benötigt die Regierung rund 8,5 Milliarden Euro an frischem Geld, um eine fällige Staatsanleihe zurückzuzahlen. Insgesamt summiert sich der Refinanzierungsbedarf des EU-Landes innerhalb der nächsten zwölf Monate auf schätzungsweise 39 Milliarden Euro.

"Der Euro hat kein Problem"

Bundesbank-Präsident Axel Weber sieht im Fall Griechenlands keine ernsthafte Gefahr für die Gemeinschaftswährung. "Der Euro hat kein Problem", sagte Weber vor Beginn der IWF-Frühjahrstagung in Washington. Es gebe jedoch das Risiko, dass die Schwierigkeiten Griechenlands seine Verschuldung in den Griff zu bekommen, auf andere Länder der Währungsunion übergriffen, warnte Weber.

Die Finanzminister der Euro-Zone hatten sich darauf verständigt, Griechenland bei Bedarf im ersten Jahr eines auf drei Jahre angelegten Hilfsprogramms maximal 30 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Weitere bis zu 15 Milliarden Euro könnte der IWF beisteuern. Um jeden Automatismus bei möglichen Hilfen zu vermeiden, hat die Bundesregierung auch auf ein mehrstufiges Zustimmungsverfahren gedrungen: Nach einem griechischen Antrag müssen zunächst die EZB, IWF und die EU-Kommission Hilfen für Griechenland befürworten. Dann müssen die 16 Regierungen der Eurostaaten einen einstimmigen Beschluss fassen - Deutschland hat also ein Vetorecht. Erst dann ginge es um die Umsetzung innerhalb Deutschlands.

"Auf einer neuen Odyssee"

Mit dem Hilfeersuchen hat sich Griechenland nur eine kleine Atempause verschafft: Die Risikoaufschläge, die Investoren beim Kauf griechischer Anleihen verlangen, gingen zurück, blieben allerdings auf hohem Niveau. Analysten rechnen damit, dass der spekulative Druck auf das hoch verschuldete südeuropäische Land etwas nachlässt.

Davon geht auch Papandreou aus: "Die Zeit, die uns die Märkte nicht gewähren wollten, wird uns nun die Unterstützung der Euro-Zone verleihen", sagte Papandreou. Er äußerte sich in einer Fernsehansprache optimistisch, dass das Land die Krise meistern werde: "Wir sind auf einer neuen Odyssee für Griechenland und die Nation. Aber wir kennen den Weg nach Ithaka." Die Insel gilt als Heimat des antiken Sagenhelden Odysseus, der nach dem Trojanischen Krieg und einer langen Irrfahrt dorthin zurückkehrte.

Quelle: ntv.de, wne/rts/AFP

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