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Umstrittenes Pilotprojekt Deutsche Post soll Briefe von Arbeitslosen öffnen

Arbeitserleichterung oder Steilvorlage zur Schnüffelei? Die Deutsche Post soll künftig die Briefe von Arbeitslosen und Kindergeldempfängern an die Arbeitsagenturen öffnen und einscannen dürfen. Ein Pilotversuch läuft demnächst an, ein Erwerbslosenverband fürchtet den "gläsernen Arbeitslosen".

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) will künftig eingehende Briefe und Papierakten von der Deutschen Post einscannen lassen. Die Digitalisierung soll Arbeitsprozesse in der Behörde vereinfachen und beschleunigen. Das Erwerbslosen Forum Deutschland sieht dagegen den Datenschutz außer Kraft gesetzt. Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar ist zwar grundsätzlich einverstanden mit den Plänen, fordert aber Klarstellungen.

Das Projekt "Elektronische Akte" (eAkte) soll vom 1. Oktober an zunächst in Sachsen-Anhalt und Thüringen erprobt werden, sagte BA- Vorstandsmitglied Raimund Becker. Nach seinen Worten geht es um 35 Millionen Akten der Arbeitslosenversicherung und der für das Kindergeld zuständigen Familienkassen. Speziell geschulte Mitarbeiter der Post in Halle und Berlin sollen die Briefe von Arbeitslosen öffnen, elektronisch erfassen und per Datenleitung an die Bundesagentur schicken.

Alle Post-Mitarbeiter sollen zur Geheimhaltung verpflichtet werden und in abgeschotteten Hochsicherheitszentren arbeiten. Die Kundendaten und die eingehende Post werden den Plänen zufolge in gesicherten und verplombten Transportzentren angeliefert. Das Projekt wurde vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert. "Der Datenschutz ist gewährleistet", sagte Becker.

Erwerbslosen Forum ist skeptisch

Ähnlich äußerte sich das Arbeitsministerium. Das Projekt sei mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten "und allen anderen relevanten Stellen" abgestimmt, sagte ein Sprecher. Die Datensicherheit sei bei dem Projekt "absolut gewährleistet". Es gehe "um eine sichere Vereinfachung und Modernisierung der Verwaltungsabläufe".

Aus Sicht des Erwerbslosen Forums Deutschland droht dagegen der "gläserne Arbeitslose". Der Schutz vor Missbrauch sei bei diesem Verfahren nicht gewährleistet, betonte ein Sprecher. "Es ist nicht auszuschließen, dass mit den Daten Schindluder getrieben wird." Er sei über diese Vorgehensweise entsetzt und forderte einen sofortigen Stopp des Projekts. Auch schloss er rechtliche Schritte dagegen nicht aus.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar sagte dem Hessischen Rundfunk, grundsätzlich sei es in Ordnung, wenn die Bundesagentur Briefe von Arbeitslosen durch die Post öffnen und einscannen lasse. Allerdings müsste noch einmal klargestellt werden, welche technischen Sicherungen vorgesehen seien. Schaar erwartet von Post und Bundesagentur unter anderem eine Antwort auf die Frage, was mit den originalen Briefen geschieht. Es müsse sichergestellt sein, dass die Papierbriefe zu vernichten seien.

DPA/APN DPA

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