Die Aufregung um den ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin wird so schnell nicht abreißen – dafür sorgt er schon selbst. "Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen, Basken haben bestimmte Gene, die sie von anderen unterscheiden", sagte Sarrazin jetzt in Welt am Sonntag und Berliner Morgenpost , wie der Axel Springer Verlag vorab meldete. Sarrazins Äußerungen riefen umgehend Widerspruch hervor.

Dieses Zitat fiel, nachdem Sarrazin im Gespräch mit den Zeitungen gefragt wurde, ob es eine genetische Identität gibt. Zuvor hatte der ehemalige Berliner Finanzsenator gesagt, die kulturelle Eigenart der Völker sei keine Legende, sondern bestimme die Wirklichkeit Europas.

"Es wird immer unsäglicher, was man von ihm hört", sagte der Berliner Senatssprecher Richard Meng. Sarrazin gebe "rechthaberischen Schwachsinn" von sich und kenne offenbar keinerlei "Grenzen des politischen Anstands mehr", fügte Meng hinzu.

Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, sagte, es sei seit langem bekannt, dass die meisten Angehörigen einer Volksgruppe einen gemeinsamen geografischen oder genetischen Ursprung haben. "Wer die Juden über ihr Erbgut zu definieren versucht, auch wenn das vermeintlich positiv gemeint ist, erliegt einem Rassenwahn, den das Judentum nicht teilt." Sarrazin versuche nicht zum ersten Mal, Minderheiten zu polarisieren und gegeneinander aufzubringen.

Die Deutsche Bundesbank äußerte sich nicht inhaltlich zu den neuen Aussagen ihres Vorstandsmitglieds. Ein Sprecher der Bundesbank erklärte: "Es bleibt dabei, dass die Ansichten von Herrn Sarrazin seine persönliche Meinung sind, die in keinem Zusammenhang stehen mit seiner Tätigkeit als Bundesbankvorstandsmitglied."

In dem Interview erklärte SPD-Mitglied Sarrazin unter anderem auch, dass die Einwanderung bis vor wenigen Jahrzehnten für den "Genpool" der europäischen Bevölkerung nur eine geringe Rolle gespielt und sich zudem sehr langsam vollzogen habe. "Es ist nämlich falsch, dass es Einwanderungsbewegungen des Ausmaßes, wie wir sie heute haben, schon immer in Europa gegeben hätte."

Einen Austritt aus der SPD lehnte der frühere Berliner Finanzsenator kategorisch ab. Auf die Frage, warum er in der Partei bleiben werde, sagte er der Welt am Sonntag , seine Vorschläge seien sozialdemokratisch. Bei der Armutsbekämpfung entwerfe er ein Szenario, das den Arbeitslosen den Einstieg in die Arbeitswelt und sozialen Aufstieg ermöglichen solle. "Das ist sehr sozialdemokratisch", sagte er.

Führende SPD-Vertreter hatten den Bundesbanker aufgefordert, aus ihrer Partei auszutreten. Der Vorsitzende seines Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf, Christian Gaebler, sagte dem Spiegel : "Das Maß ist voll. Für den Fall, dass Herr Sarrazin nicht freiwillig aus der SPD austritt, bereiten wir ein Parteiausschlussverfahren vor."