Linksextremismus ist…

Gewissermaßen insgeheim beschäftigt sich auch die SPD mit Linksextremismus. Anfang Juni hat die SPD-Fraktion eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, um rauszukriegen, was diese Programme gegen Linksextremismus genau sind und wie die Regierung den Begriff definiert.

Gute Sache, leider findet sich dazu nichts auf der Website der SPD-Fraktion. Lediglich auf der Homepage von Sönke
Rix wird sie erwähnt. Was ist aus ‚Tu Gutes und sprich darüber‘ geworden?

Ich rede jetzt darüber, so schön ausführlich machen die das ja nicht immer. Die Bundesregierung hat am 28.
Juni geantwortet
. Schonmal vorweg: alle, auf die diese Definition(en) nicht passen, können sich als Angehörige einer feinen kleinen Minderheit glücklich schätzen.

Here we go.

Zur Begriffsdefinition vermeidet die Antwort intellektuelles Geschwafel und bleibt bürgernah:

Mit dem Begriff Linksextremismus werden nach übereinstimmender Definition der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder Bestrebungen von Personenzusammenschlüssen bezeichnet, die an Stelle der bestehenden Staats und Gesellschaftsordnung eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaft oder eine „herrschaftsfreie“, anarchistische Gesellschaft etablieren wollen und ihr politisches Handeln an
revolutionär-marxistischen oder anarchistischen Ideologien orientieren.

Erscheinungsformen: „aktionsorientiert, insb. gewaltbereit“ und/oder „legalistisch“

Aktionsfelder: Antirepression, Antimilitarismus, Antifaschismus. Dabei „mischen sich Propaganda und
gewaltsame Aktionen.“

Und was ist die Unterscheidung zu Rechtsextremismus? (die beschäftigen sich ja bekanntermassen auch mit
genau diesen Themenfeldern (?!??))

Ein bedeutsamer Unterschied zu rechtsextremistischen Ideologien besteht darin, dass linksextremistische Einstellungen häufig in scheinbarem Gleichklang mit politischen und sozialen Gleichheitsidealen vertreten werden.

Parallele zu Rechtsextremisten (ausschnittsweise):

dogmatischer Absolutheitsanspruch, holistische Steuerungsabsichten, identitäre Gesellschaftskonzeption, dualistischer Rigorismus, fundamentale Verwerfungen.

Dazu: Hang zu Verschwörungstheorien.

Handlungsmuster: Sachbeschädigungen, Brandanschläge, Übergriffe auf Personen (Polizei und Nazis)

Unterschied zu Nazis (abgesehen von den Übergriffen auf Nazis):

Die Besonderheit linksextremistischer Argumentationen liegt darin, dass sie mit
Hartz IV, Weltfinanzkrise, Umweltvernichtung und allgemeiner Ungerechtigkeit – die Themen ließen sich mehren – phänomenologisch zum Teil im Mainstream des gesellschaftlichen Diskurses zu liegen scheinen.

(Hervorhebung von mir)

Erkennen kann man den gemeinen Linksextremisten daran, dass er nicht mit sich reden lässt:

Hinsichtlich der Lösungsmöglichkeiten gesellschaftlicher Problemfelder lehnen Linksextremisten jedoch einen Diskurs ab und setzen in dogmatischer Weise auf eine grundlegende Umwälzung der
Gesellschaftsordnung – z.T. unter Billigung oder aktivem Einsatz von Gewalt.

Vier Wege führen nach Rom, mithilfe der Bundeszentrale für politische Bildung:

  1. Gesellschaftlicher Diskurs über Extremismus
  2. Bildungsangebote
  3. Unterstützung entsprechender NGOs
  4. Direktkontakt mit Extremisten, um ihnen den Absprung zu erleichtern

Gespannt bin ich auch auf den Teil hier:

Stärkung der Geschichtskompetenz, z.B. durch eine pädagogisch angeleitete Auseinandersetzung mit populistischen Ideologien und die pädagogische Arbeit mit Zeitzeugen des DDR-Systems,

Dann geht es noch ein bisschen um die Träger der Programme und wie die ihre Verfassungstreue demonstrieren müssen und schließlich nochmal um den Unterschied der Bedrohung der Verfassung durch Links- bzw.
Rechtsextreme. Sehr schön wischi-waschi

Links- wie Rechtsextremismus richtet sich gegen die konstitutiven Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und muss gleichermaßen bekämpft werden.

Dass die einen regelmäßig politisch motiviert Menschen umbringen und die anderen nicht, wird wie immer dezent ausgelassen.

Außerdem der Standard-Textbaustein, dass die Statistiken diesen Riesenzuwachs an linksextremer Gewalt dokumentieren. Es fehlt weiterhin – LIEBE Sozialwissenschaftler, hier gibt es eine Marktlücke!! – die
Analyse, wie dieser Zuwachs zustande kommt.

Fazit: ein neues Breitbandantibiotikum.

Sind wir nicht alle ein bisschen linksextremistisch? Schon mal darüber nachgedacht, dass der Kapitalismus aktuell nicht das nachhaltigste System ist? Probleme mit dem Krieg in Afghanistan? Sympathie für anarchistische oder sozialistischen Ideen? Klammheimliche Freude, weil ein paar Nazis vermöbelt wurden? Ausgeprägtes
Gerechtigkeitsbedürfnis?

Dann kommt demnächst mal der freundliche antiextremistische Berater vorbei. Wenn Ihr Glück habt, will er bloss zu Euch und nicht zu Euren Kindern. Aber die kriegen das ja demnächst auch in der Schule
beigebracht.

 

.. Ganz nebenbei möchte ich übrigens nochmal darauf hinweisen, dass auch ich die Umsetzung von Open Data Konzepten beim Bundestag sehr sinnvoll fände. Das Rauskopieren von Text aus diesen PDFs ist das AL-LER-LETZ-TE.

10 Gedanken zu „Linksextremismus ist…

  1. „Bestrebungen von Personenzusammenschlüssen“
    es gibt also keine alleinstehenden linksextremisten? puh, nochmal davongekommen …

  2. Wo wir von Linksextremismus sprechen: Diese Woche Report München gesehen? Bin vorhin durch Zufall auf eine Wiederholung gestoßen… war recht… amüsant sag ich mal.

  3. Die Jusos haben auf ihrem Bundeskongress beschlossen, den Extremismusbegriff nicht mehr zu verwenden. Das wird allerdings auch nirgendswo veröffentlicht …

  4. Ich steh‘ ja schon mit einem Bein im Knast 😀

    „dogmatischer Absolutheitsanspruch“, na das Problem hat der Kapitalismus und die Demokratie natürlich nicht.

  5. … das ich oer definition auch dazugehöre. Obwohl ich den Fall A.H. und das Blog hier regelmässig verfolge isses irgendwie trotzdem erschreckend. Wir werden zur Diktatur, und zwar einer Rechts-Liberal-Konservativen ….. und zwar viel schneller als ich dachte.
    Ich bin aber weder in der Linkspartei (finde aber das Wahlprog. gut), zünde keine Autos an und auch nicht auf entsprechenden Demos zu finden.
    Ich bin Anhänger der These das Staaten/Dogmen (Kapitalismus) am besten von innen heraus und moderat geändert werden. Scheinbar gibt es ne recht grosse Lobby die das verhindern will.

  6. wenn die anarchie generell als linksextrem bezeichnen, dann lässt sich daraus schließen, dass jeder staat rechts ist.

    und wenn anarcho-kapitalismus linksextrem ist, dann wäre ja die fdp links o.O

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