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Die Bulli-Parade "Den kannst du in der Sahara aus dem Sand ziehen"

60. Geburtstag, 60.000 Besucher, 5000 historische und aufgemotzte Transporter - die Fans des VW-Bullis feierten in Hannover eine dreitägige Sause. Für die Althippies, Weltenbummler und Oldtimer-Fans war es ein vergnügtes Familienfest.

Hannover - Er war und ist das Gefährt von Postlern, Polizisten, passionierten Campern und das liebste Fortbewegungsmittel der "Love Generation": Insgesamt 60.000 Fans feierten am Wochenende in Hannover den 60. Geburtstag des legendären VW-Kleintransporters Bulli.

"Den kannst du in der Sahara aus dem Sand ziehen. Mit einem Campingmobil geht das nicht", sagt Gerhard Plattner, 68. Wenn er über seinen VW-Bus spricht, schwelgt er in Erinnerungen. Drei Mal hat der Innsbrucker in den vergangenen 20 Jahren mit den verschiedensten Modellen des Kleintransporters die Erde umrundet und eine Million Kilometer auf dem Buckel: "Dieser Bus macht dich frei."

Ehrensache, dass Plattner am Wochenende aus Österreich zur großen Party rund um den 60. Geburtstag des Weltenbummlers und vierrädrigen Lastesels nach Hannover zuckelte. Wie rund 60.000 weitere Besucher, die VW zur großen Bulli-Party auf dem Messegelände zählte. Rund um den Kleinbus, der über zehn Millionen Mal verkauft wurde, organisierte Volkswagen ein riesiges Volksfest.

Am Freitag begann die Sause mit einem Konvoi von 150 historischen Kleinbussen durch Hannover Innenstadt. Zur Bulli-Parade fanden sich rund 5000 Transporter aus sechs Jahrzehnten und 21 Ländern ein. Quietschbunte "Flower-Power"-Busse waren ebenso darunter wie chromglänzende Sammlerstücke, manchmal gesteuert von Bulli-Freaks mit Bus-Tattoo. Mehr als 11.000 Gäste schliefen in ihren Fahrzeugen. Die weiteste Anreise mit 2800 Kilometern hatte ein Bulli-Fahrer aus Russland - er will am Montag wieder bei der Arbeit sein.

Auf dem Fest-Gelände waren über 30 Stände und zwei Bühnen aufgebaut. Höhepunkt des Programms: ein Auftritt der Altrocker von The Who. Außerdem wurden die Bulli-Anhänger mit Wettbewerben wie "Pimp my bus" ("Motz meinen Bus auf") bei Laune gehalten.

"Summer of love" im Bulli

Die Wurzeln des "Mythos" rund um den einst kulleräugigen, heute eher kantig wirkenden Kleintransporter reichen zurück bis in die sechziger und siebziger Jahre: Auf den "Hippie-Trails" über Istanbul, Teheran und Kabul nach Goa in Indien begegneten sich damals viele Weltenbummler auf staubigen Pisten. Der Bulli brauchte wenig Sprit, war robust und bot genug Platz zum Übernachten. Auch in den USA zogen viele Freaks in mit Peace-Zeichen, Blumen und psychedelischen Mustern bemalten VW-Bussen in die Landkommunen Kaliforniens oder nach San Francisco.

Vom seit 1967 gebauten Nachfolgemodell des ersten VW Bullis, dem T2, wurde ein Viertel der bis 1979 insgesamt drei Millionen Autos in den Vereinigten Staaten verkauft. In Hannover wird seit 2003 die fünfte Auflage des Kleintransporters gebaut; in Brasilien laufen bis heute noch Busse vom Band, die dem T2 stark ähneln.

Die Bulli-Story fing 1947 an, als der niederländische Autoimporteur Ben Pon umgebaute Käfer-Chassis auf dem VW-Werksgelände in Wolfsburg sah, mit denen Volkswagen-Mitarbeiter Lasten transportierten. Er entwickelte die Fahrzeuge mit einer Zeichnung weiter, auf der sich bereits erste wichtige Bulli-Kennzeichen erkennen lassen: Frontlenker, Heckmotor, dazwischen eine glatte Ladefläche.

1950 lief der erste Bus vom Band: 25 PS, 100 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit, 5850 Mark. Ein Spitzname war schnell gefunden: Bulli, kurz für Bus und Lieferwagen. Bereits 1951 kam die erste Camping-Version auf den Markt, bis 1960 hatte der VW-Bus Winker statt Blinker. Seit 1956 wird er in Hannover produziert. Heute ist VW Nutzfahrzeuge der größte Arbeitgeber der Stadt. 15.000 Menschen arbeiten hier.

Der Konzern will den Kultfaktor des Busses für weitere Generationen nutzen. Die 60-Jahr-Feier könnte der Auftakt für weitere Veranstaltungen sein - streng genommen jährt sich die Produktion des ersten Bullis auch erst 2010 zum 60. Mal.

Von Kai Schöneberg, AP