Zum Inhalt springen

Trauerfeier für Love-Parade-Opfer Kraft hält bewegende Trostrede

Bei einer Trauerfeier in Duisburg haben Angehörige, Rettungskräfte und Spitzenpolitiker der 21 Todesopfer der Love Parade gedacht. Ministerpräsidentin Kraft sicherte in einer bewegenden Ansprache die Aufklärung der Geschehnisse zu - und forderte ein Umdenken der Gesellschaft.
Trauerfeier für Love-Parade-Opfer: Kraft hält bewegende Trostrede

Trauerfeier für Love-Parade-Opfer: Kraft hält bewegende Trostrede

Foto: Harald Oppitz/ dpa

Hamburg/Duisburg - Als Einzige der anwesenden Spitzenpolitiker, so war es vor dem Gedenkgottesdienst in Duisburg vereinbart worden, würde Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin zu der versammelten Trauergemeinde - Angehörige der Toten, Vertreter der Einsatzkräfte bei der Love Parade - sprechen.

Es war die richtige Wahl.

Hannelore Kraft (SPD) vermochte in ihrer ungefähr zehnminütigen Rede die Balance zu finden zwischen der Vermittlung von Anteilnahme, dem Ausdruck tiefer persönlicher Betroffenheit und der Übermittlung einer politischen Botschaft: Auf die vielen offenen Fragen, die es zur Love-Parade-Katastrophe mit 21 Toten immer noch gebe, werde man Antworten finden, die Geschehnisse würden aufgeklärt, versprach Kraft in der Duisburger Salvatorkirche.

Der Oberbürgermeister der Stadt, Adolf Sauerland (CDU), hatte auf eine Teilnahme an dem ökumenischen Gottesdienst zuvor verzichtet - er wolle mit seiner Anwesenheit "nicht provozieren". Doch noch am Vorabend hatte Sauerland, dessen Rücktritt längst auch aus den eigenen Reihen gefordert wird, bekräftigt, bis zur Aufklärung der Hintergründe im Amt bleiben zu wollen. So bleibt diese ungeklärte Personalie ein Stachel im Fleisch der Stadt - nicht von ungefähr wurde im Trauergottesdienst für Versöhnung gebetet, "damit Wut und Zorn nicht weiter Duisburg regieren".

"Wir können Ihren Schmerz nicht ermessen"

Hannelore Kraft sprach sichtlich bewegt über die 21 Opfer der Love Parade. Es sei schwer, angesichts des Todes Worte zu finden und Trost zu spenden, sagte Kraft. Das Leben junger Menschen sei grausam und jäh beendet worden, sie seien aus ihren "Hoffnungen und Träumen, aus ihren Zukunftsplänen, Familien und Freundeskreisen" gerissen worden.

Fotostrecke

Love-Parade-Tragödie: Trauer im Ruhrgebiet

Foto: DDP

Mit gebrochener Stimme wandte sich Kraft an die Hinterbliebenen: "Wir können Ihren Schmerz nicht ermessen und nicht lindern. Und doch bitte ich Sie, öffnen Sie Ihre Herzen für alle, die Ihnen Trost spenden wollen und Ihnen über den Verlust eines unersetzlichen, geliebten Menschen hinweghelfen möchten. Sie sind nicht allein."

Zutiefst bewegt trug Kraft, deren eigener Sohn ebenfalls auf der Love Parade gefeiert hatte, die Bitte vor, die ihr ein Vater eines der Opfer mit auf den Weg gegeben habe. In Deutschland sollten die Menschen "unser Wertesystem überdenken". Der Mensch müsse wieder "Leitlinie unseres Handelns sein. Das muss, das wird, unsere gemeinsame Verpflichtung sein", versprach Kraft.

Zur Massenveranstaltung wurde die Gedenkveranstaltung in Duisburg nicht: Der Gottesdienst, der von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck und Nikolaus Schneider, dem rheinischen Präses und Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche, zelebriert wurde, wurde in mehrere Kirchen der Stadt sowie ins Fußballstadion des MSV Duisburg übertragen, mit bis zu 100.000 Teilnehmern hatte man gerechnet.

Öffentliche Trauer: Statt 100.000 kamen 1500

Doch eine Woche, nachdem im Massenandrang am Gelände des alten Güterbahnhofs Menschen niedergerissen, zu Tode getrampelt und von der nachdrängenden Masse erdrückt wurden, zogen es die meisten Duisburger vor, öffentliche Plätze zu meiden: So kamen nach Schätzungen der Polizei nur rund 1500 Menschen ins MSV-Stadion.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich nach Gesprächen mit Angehörigen der Opfer am Rande der Trauerfeier tief berührt gezeigt. "Diese Gespräche sind mir sehr zu Herzen gegangen. Aus dem schrecklichen Ereignis von Duisburg müssen jetzt die richtigen Konsequenzen gezogen werden", sagte die Kanzlerin am Samstagnachmittag der "Bild am Sonntag".

Bischof Overbeck und Präses Schneider mahnten in ihren Predigten indirekt die Übernahme von Verantwortung an. Schneider sprach von "Menschen, die wie versteinert Verantwortung von sich abschieben". Overbeck klagte, es gebe keine Antworten auf die vielen Fragen.

"Die Love Parade wurde zum Totentanz", sagte Schneider. "Mitten hinein in ein Fest überbordender Lebensfreude hat der Tod uns allen sein schreckliches Gesicht gezeigt."

Angehörige, Rettungskräfte von Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen sowie Überlebende der Katastrophe entzündeten während der Trauerfeier Kerzen zum Gedenken an jedes einzelne Todesopfer.

An dem Gottesdienst nahmen auch Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Bundestagspräsident Norbert Lammert teil.

pad/dpa