ZEITmagazin: Herr Reuter, Sie waren als Manager bei Daimler-Benz über Jahrzehnte Teil der sogenannten Deutschland AG. War das ein sehr homogenes Milieu?

Edzard Reuter: Ja, ganz und gar. Die Führungsschichten der Wirtschaft rekrutieren sich immer selber.

ZEITmagazin: Warum tun sie das?

Reuter: Man greift lieber auf denjenigen zu, von dem man meint, sicher sein zu können, dass er so ist wie man selber. Da weiß man, der fällt nicht aus der Rolle und schlägt keine krummen Wege ein. Das einzige Ausnahmebeispiel damals war Hanns Martin Schleyer, er gehörte nicht dazu. Der war im Prinzip ein Nazifunktionär, der schrittweise in diese Gesellschaft hineinkam, aber zum Beispiel im Unterschied zu den klassischen Ruhrbaronen ein ausgesprochen liberales Verhältnis zu den Gewerkschaften hatte. Er hatte kapiert, dass man nicht gegen die Belegschaft eines Unternehmens erfolgreich sein kann. Wo die Wurzeln dafür lagen, weiß ich nicht, vielleicht in der volksgemeinschaftlichen Prägung durch den Nationalsozialismus.